Kloppomobil goes East

Die Tour ca. 40.000 km

08. Mai 2010 - 15. Dezember 2010
 

 

      

 

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Aktuelle Reisenews Teil I

Sind grade in Kasachstan unterwegs. So wie der Straßenzustand ist, verhält sich auch unsere derzeitige Internetverbindung! Die nächsten News kommen daher erst wieder in ein paar Tagen...


Sackgasse - 3500 Kilometer zurück in die Zukunft

Nachdem wir uns fast im geographischen Mittelpunkt der Mongolei befunden haben, benötige ich drei Tage um über den gleichen Grenzeintrittsübergang zurück nach Russland zu kommen - diesmal mit fünf Stunden Grenzformalitäten, bei 38 Grad im Schatten. Die Hunde ziehen eine übele Show ab, werden aber auf dem Einreiseantrag nach Russland mit je 1000 US Dollar vermerkt - als Warengut.

Rückblickend bleiben mir die unglaublich klaren Sternenhimmel, die grandiose Weite und einige Übernachtungsplätze in Erinnerung. Wer einmal völlig alleine auf einer Bergkuppel neben sechs Stupas stand und ein Gewitter mit allem Drum und Dran, unglaublichen Himmelsfärbungen, orkanartigem Wind und anschließender absoluter Stille erleben durfte sollte sich glücklich schätzen!

Die 25 fehlenden Meter Brücke bedeuten jedoch in der Summe dreitausendfünfhundert Kilometer Rückfahrt nach Novosibirsk, hiervon maximal zweihundert neue Streckenkilometer - Ich benötige 9 Tage, die wir allerdings nicht sonderlich reuen. Durch Temperaturen zwischen 32 und 38 Grad legen wir vier halbe Badetage in traumhafter Umgebung ein, waschen Teile unserer Wäsche an einem klaren Gebirgsbach, wo wir mit unserer Pumpe auch gleich die Wassertanks ungefiltert auffüllen.

Die Vegetation hat sich komplett geändert, die sommerlichen Blumenwiesen sind jetzt mit Margariten, Weidenröschen und Fingerhut bewachsen - es sind Milliarden von Blüten, die sich bis zum Horrizont erstrecken.Auch das Strassenangebot hat sich geändert: Im Tageswechsel gibt es frische Erdbeeren, Himmbeeren und Blaubeeren, das Kilo für zwei Euro. Dri Kilo frische Pfifferlinge schlagen mit 7,50 Euro zu Buche und reichen uns für drei komplette Abendessen, nur durch die neuen Kartoffeln bzw. Nudeln ergänzt(natürlich mit viel Knoblauch und Zwiebeln, u den Hunden Kontra zu bieten). Riesige Steinpilze kosten nicht mehr, Honig, selbstgemachte Marmeladen und natürlich geräucherter Fisch runden den Strassenverkauf ab. Weniger lustig ist ein riesiges Regentief, das die Temperaturen von 38 auf 9 Grad fallen läßt und sämtliche Seitewege in Sumpfpisten verwandelt-wir schaffen es wiederholt nur mit Allrad im Kriechgang und heftigstem Gegenlenen-bei stets ausbrechendem Heck-zuück auf die Hauptstrasse. Die Hunde sehen ebenso aus, unser Innenraum ist eine Dauerputzstelle ohne Erfolgsaussichten auf Reinigung.

Genaugenommen sind auch die sibirischen Blumewiesen nur am ersten Tag so interessant wie das erste Zebra auf Safari, jeder der schon mal auf selbiger im Irgendwo war, weiß wie schnell sich diese Eindrücke im Laufe der Tage abnutzen. Somit gestatte ich mir hier noch einige sehr persönliche Anmerkungen :Es mag einigen so erscheinen, das wir uns hier auf einer Dauerparty befinden, weil ich nur positives berichte-dem ist wahrlich nicht so! Fünfhundert Kilometer auf russischen Strassen am Tag bedeuten zehn Stunden höchste Konzentration, vor allem wenn die Strasse gut erscheint und beginnt dich einzulullen.Die Schlaglöcher und Verwerfungen, die aus dem Nichts auftauchen sind mörderisch-die täglichen Unfälle die wir sehen müssen grauenvoll! Mit vier Hunden müssen unsere Stellplätze möglichst weit von der Hauptstrasse entfern sein, ich muß aber auch nach Gewitter wieder zurückkommen können. Dies gilt natürlich auch für einen Schadensfall. Sabine kann das Kloppomobil genauso wenig nach Hause bringen, wie ich die spartanischen Schilder lesen.STEFFI unser Navi funktioniert zwar erstaunlich gut und zeigte sich auch auf mongolischen Offroadpisten als durchaus hilfreich jedoch ist die liebe eine Dame. Was das bedutet wollt ihr wissen-gerne. Durch eine Millionenstadt in Russland lotst sie/es dich völlig fehlerfrei um dich dann im guten Glauben in der nächsten zur JVA, KGB oder den lokalen Hell Angeles zu lotsen - von der Geheimpollizei ganz abgesehen. Launisch wie sie halt so sind, zumal sie partou nicht einsehen will, das wir mit 12 Tonnen ein LKW sind.

Dies wiederum wirft das Einkaufsproblem auf, da die Supermärkte in RU gerne zentral und nicht wie bei uns an den Ausfallsstraßen liegen. Ohne Supermarkt ist die Hundeversorgung schwierig, weshalb unsere Lieblinge seit Wochen das gleiche essen wie wir. Das ist ihnen natürlich gegönnt und es soll auch ihr Urlaub sein, die Lebenshaltungskosten verdoppeln sich damit aber. Huhn war in der Mongolei teurer als Roastbeef, ich bin zum Hundegrill-Lafer mutiert. Wenn es unseren Beschützern nach 4 Std. Autofahrt nicht mehr passt und sie eine Baderunde für angebracht halten, lassen sie es dich spüren. Wer Hundehalter ist, der weiß welche Register sie ziehen können. Zudem befinden wir uns völlig alleine auf sehr weiter Flur und können weder auf eine Reiseleitung noch auf ein Serviceteam, oder lokalen Guide zurückgreifen-wir sind in allen Belangen, von Registratia bis zur Innlandshaftpflicht nur auf uns gestellt und müssen das irgendwie managen. Hierbei macht Sbine Einen Riesenjob, eine solche Reise kann nur im Team funktionieren. Wir sind kompromisslos aufeinander angewiesen, andernfalls gehen wir unter.

Von insgesammt 12,5 Quadratmetern Wohnfläche stehen uns nur ca 4 zum Gehen zur Verfügung, 2 weitere unter dem Tisch sind Liegefläche der Hunde. Durch Herrausnahme des Mittelsitzes können diese im erweiterten Wohnzimmer, dem Fahrerhaus liegen und die Sitze einsauen. Ein Quadratmeter Stehfläche in der Dusche rundet unsere Wohnfläche ab, der Rest sind Sitz-, Bett-, und Küchenfläche mit Stauraum/Schrank. Trotzdem vermissen wir unsere 250 Quadratmeter zu Hause nicht sonderlich und arrangieren uns mit den Tieren bestens (Solange kein Dauerregen angesagt ist). Eine weitere Tatsache haben wir völlig unterschätzt - wir sind mit dem Auto überall die Attraktion schlechthin. Seid ihr der Zirkus?, ist eine häufig gestellte Erstfrage - dann folgen die ewig gleichen Fragen und das ganze Dorf wird aktiviert. Das selbe Schicksal ereilt uns zumeist an den abgelegenen Badeplätzen, die die lokale Bevölkerung natürlich besser als wir kennt. Alle sind lieb nett und freundlich, aber nicht gerade unaufdringlich. Das nervt, außer sie ist attraktiv. Dann beginne ich mit meinen 30 Worten russisch - außer Vor- und Biernamen - eine herrliche Konversation über Gott und die Frau und Fußball. Irgendwie represäntieren wir ja schon Deutschland und Mainz05, also verteilen wir Geschenke und possieren für Erinnerungsbilder. Die Gastfreundschaft gegenüber Germanski ist wirklich überwältigend: Wir werden zum Abendessen / Picknick mit Vodkaexzessen geladen, man taucht nach Muscheln für uns, sammelt Walderdbeeren und beschenkt uns mit allerlei Leckereien, aber es ist wirklich anstrengend.

Da wir Beide noch niemals eine so lange Reise gemacht haben und uns in solch einem extremen Umfeld bewegt haben, sind wir auch ein wenig stolz darauf wie wir uns mit den neuen täglichen Problemen arrangieren und sie lösen. Natürlich ist es auch schön zu erfahren, das die AZ nochmals über unsere Abenteuer berichtet und die Homepage doch von vielen Menschen besucht wird die wir nicht kennen. Ginsheimer haben sich in der Mongolei doch tatsächlich nach uns erkundigt, weil sie die Artikel gelesen haben - irre. Deshalb würden wiruns auch weiterhin über viele Einträge im Gästebuch und Links auf unsere Seite freuen. Schreibt uns wie es euch gefällt, ob ich vergessen habe irgend jemanden zu beleidigen oder diskriminieren und was ihr sonst so wissen wollt.

Dafür, das ich im Februar noch keine Mail verfassen konnte find ich es mit der tollen optischen Umsetzung meiner Bilder durch Thomas Henschel Web eigentlich recht gut, wenngleich mich meine Tippfehler beim Nachlesen sehr ärgern. Ich arbeite dran, mach aber keine Experimente, auch nicht mit dem Rechtschreiebeprogamm, denn wenn Herbert einmal abstürzt kann ich Stefan & Carola einfliegen lassen. Dumm nur, wo wir sind gibts keine Flughäfen. So das war`s für heute, morgen beginnt das nächste Abenteuer - Kasachstan.

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Eau de Mutto`n von Chile Duesberg

Hallo, ich bin der Grubsch! Eigentlich stamme ich aus Ibiza, habe aber dank Andreas einen deutschen Pass und bin jetzt auf Weltreise. Früher nannten die mich Grubsch, weil meine Augen bei Bedarf locker 7cm. vor den Kopf  kommen können, aber seit ich in der Mongolei war, nennen die Zweibeiner mich den "Adlerjäger", weil ich hier alle Greifvögel vom Adler über Bussard zum Falken und Hünerhabicht gejagt habe - zumindest die Schatten.

Angie war immer mit dabei, wir sind ein K(l)opp und ein Arsch, wenns ums Jagen geht. Adlerjäger klingt viel besser als "Wirrvogel"-so nennen wir Sheila jetzt, weil sie nicht mehr alles peilt, sieht und hört, sich aber des Lebens freut. Ja, sie ist wieder supergut drauf und rennt mit uns um die Wette, frißt und säuft und genießt. Ich persönlich war zu Reisebeginn ja sportlich wie Joopie Heesters auf dem Klo, aber die Zeiten sind lange vorbei - wir sind alle in den Jungbrunnen gefallen und hoffen sogar, das der alte Dackel nach Deutschland zurück kommt. Das wärs doch X-mas mit Sheila in der Schweiz. Ansonsten bin ich zwar die körperlich kleinste in der Familie, aber der wahre Rudelführer geworden. Das fängt beim Sitzplatz an, ich trohne in über zwei Meter Höhe auf dem Mittelsitz im Kloppomobil und teile höchstens mit Angie den Platz obwohl ich mich bei Bedarf groß wie ein Bernhadiner machen kann und die Anderen mit dem Hintern wegschiebe. Toll von hier oben kann ich alles sehen und kriege alles mit:

Als wir nach Ulan Bator gefahren sind war der irre Stau und eine Frau wurde vor einer Laterne im Verkehr so eingekeilt, das nichts vor oder zurück ging. Die hatte dann einen Nervenzusammenbruch und geglaubt, das ihre Freundin jemanden dazu bewegt, sie wieder in den Verkehr zu lassen, völlig idiotisch in der Mongolei.

Andreas hat dann zu dem dicken LKWfahrer der direkt neben uns stand gesagt: So eine Dummsummsel, der Mongole hat nichts kapiert, aber gelacht, mit dem Kopf genickt und Summsummsel wiederholt, bevor der Kampf um die nächsten Zentimeter begann.

Überhaupt waren die meisten Mongolen dumm wie 12 Meter Feldweg in der Gemarkung Mombach, ach was sag ich - blöder als 5 Meter Steppenpiste. Das kommt bestimmt, weil die fast nur Hammel und so wenig Salat und Gemüse essen, das ganze Land riecht danach. Wir haben mit unseren beiden Reiseleitern auch viel Hammel gegessen, das Fleisch gabs meistens nur als ganze Keule und hat kaum in den Kühlchrank gepasst. Sabine hats dann klein geschnitten und Andreas für uns alle gegrillt. Teilweise ein bischen fett, aber lecker Knochen zum  stundenlangen Kauen. Am nächsten Tag konnten wir dann alle prima pupsen und die zwei auf den luftgefederten Sitzen haben sich beschwert weils so stinkt, war uns aber völlig Banane. Andreas sagt, das die Erfindung des Rads der Anfang vom Niedergang der Mongolen war, die wären besser ein Reitervolk geblieben, Recht hat er.

Gut gefallen hat uns auch, das die alle Viehscheiße wie in Indien getrocknet und gestapelt haben, teilweise meterhoch. Das Größte für mitteleuropäische Hunde, vielleicht kann Patrick aus der Futterkiste mir einen Falcon Eau de Mutto`n besorgen, den könnte ich dann in Mainz in meinem Körbchen verteilen und die Reise nochmal erleben, das wäre toll. Immer wenn ich mir die Düfte auf dem Buckel einmassiert hatte kam Frauchen und hat mich in den nächsten Bach geschleppt um mich mit Hundeshampoo zu waschen-Frauchen ist doof! Nicht nur deswegen, nein auch weil die so oft Mecker macht.

Da hab ich doch mit dem Angie eine Ziegen/Schafherde beobachtet und es ist uns gelungen eine einzelne Gaas von den Anderen zu trennen. Mit vollem Gebelle haben wir die dann durchs Camp gejagt. Das war toll, weil so um die 40 Camper wegen dem Naadamfest da standen und die dumme Ziege voll geblöckt und die Panik zwichen den Autos geschoben hat. Natürlich haben wir das Vieh direkt vor dem Stuhl von Andreas vorbeigetrieben, der den Sonnenuntergang mit einer Dose Mongolenbier genossen hat. So konnte er auch den wütenden und kurzatmigen Ziegenhirten, der 100 Meter hinter uns hergerannt ist und geschimpft hat wie ein Rohrsaptz bestens sehen. Herrchen hat sich kaputtgelacht und gemeint, daß das ganz großes Kino wäre, Frauchen hat furchbar geschimpft-mit Herrchen und mit uns, doof  wenn`s doch so einen Spaß macht.

Ist ja auch nix passiert, sogar der Ziegenhirte mußte grinsen, bei den deutschen Womos haben wir noch ein bischen Futter abgestaubt und vergraben und dann gings schafen. Mittlerweile sind wir die ganzen Viecher gewohnt und wissen welche abhauen und welche nicht-Das sind zum Beispiel Kamele, die einfach so vorbei kamen und vor unserer Haustür in die Knie gingen. Wir haben terrortechnisch alle Regiter gezogen, denen wars völlig egal. Andreas sagt bei Schlangen müssen wir sehr vorsichtig sein. Hier an den russischen Flüßen gibt es schwarze mit einer gelben Bänderung, die gerne unter dem Holz liegen, das wir ür unser Essens-und Lagerfeuer brauchen, da hör ich lieber auf ihn und jage wieder Erdhörnchen, nachdem sich in der mongolischen Steppe kein einziges Murmeltier hat blicken lassen.So, ich dreh jetzt noch eine Runde durch die Steppe und dann müßte es bald was zu futtern geben bevor ich BuBu mach und von der nächsten Reise in die Mongolei träume. Die spinnen die Mongolen, sagt der Adlerjäger/Chile/Grubsch/Ballonka aus Süd-Ost-Sibiren.

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20. Juli

Was wollt ihr nur in der Mongolei? Da gibt es doch nur Einsamkeit, Steppe und Schafe und es ist überhaupt nichts los. Stimmt teilweise und beantwortet die Frage von selbst. Nachdem wir das Nadaam-Fest besucht haben, stellt es euch als eine Mischung aus Stadionfest und Rosenmontagszug mit Bogenschießen, Ringkämpfen und wilden Reiterwettrennen vor - alles liebenswert chaotisch mit Nationalhymne, Popgruppen, Volklore und 500.000 Menschen, sehnen wir uns nach Ruhe und Abgeschiedenheit.

Dieses Fest zu beschreiben sprengt den Rahmen der Homepage und die Vorstellungskraft vieler Mitteleuropäer, also bunkern wir 750 l. Wasser und die gleiche Menge Diesel, horten Verpflegung bis zum Anschlag und machen uns auf die 2000 Kilometer lange Westroute, wovon drei Viertel über Schotter- und Erdpisten führen, falls diese witterungsbedingt überhaupt noch vorhanden sind. Den 109ten Längengrad hatten wir bereits am Baikal überschritten, jetzt sind wir an einem "Point of no return".

              

Chris, der britischste Engländer der Mongolei, will uns über den Tourverlauf in punkto Seuchen, Quarantäne, Waldbrände, Überschwemmungen und vorübergehender Unpassierbarkeiten durch Regenfälle auf dem Laufenden halten sofern wir Netz haben, wir müssen diverse Flußfurten durchfahren. Natürlich setzt eine Tagesfahrt hinter UB strömender Regen ein, der Wind kommt waagerecht.Wir besuchen das Kloster in Karakorum, stehen nachts neben Stupas und steigen auf über 2000m. Höhe. Die baum- und strauchlose Steppe beginnt durch den Regen zu blühen, Kamel-,Ziegen-,Schaf-und Rinderherden ziehen durch das karge Land, die geteerte Piste endet 500km. hinter UB. Jetzt gibt es nur noch Fahrspuren, die sich wie braune Narben durch das spärliche Grün ziehen. Die Neigungswinkel an den Böschungen sind unbeschreiblich, ich beginne mir meine Spuren selbst zu suchen und fahre mit Allrad im möglichst rechten Winkel über die Hügel. In den Senken sammelt sich das Wasser, Staub und Schlamm wechseln minütlich.

Mein ökologisches Gewissen habe ich in der Staub- und Rußwolke, die das minderwertige mongolische Diesel fabriziert längst verloren, die Mischung aus schwarzem/weißem Rauch und vielfarbigem Staub bildet ungekannte Farbkombinationen.

War die Fahrweise in der Stadt schon extremst, treibt sie hier neue Blüten. Fahrgäste aus Bussen müssen aussteigen und selbigen seitlich abstützen um ihn vorm Umfallen zu bewahren, während der Fahrer den Hügel hoch Gas gibt. Ein Überschlag mit dem Vehikel wird sportlich gesehen, die Karre wieder umgedreht - sofern man überlebt - und die Fahrt fortgesetzt, wenn der Motor wieder anspringt. Tape muß ein mongolisches Wort sein, denn soweit möglich werden Reperaturen mit Klebeband durchgeführt - ärgerlich wenn die Tür am Rahmen festgeklebt ist und man nur durchs Fenster, also wo mal ein Fenster war, einsteigen muß, aber Hauptsache es geht weiter. 20km. in der Stunde sind ein guter Schnitt, bis uns das Schicksal ereilt. Heftige Regenfälle in der Nacht haben ein 25m. langes Loch in der Strasse hinterlassen, da wo bis gestern eine Brücke war.

Rechts ist bereits ein LKW im Schlamm versunken, links haben es einige versucht, aber über 100 m. aufgeweichter Sumpf ließen es beim Versuch bleiben. Schlau wie wir sind versuchen wir die Passage zu umfahren und stellen fest, das die Mongolen genauso clever waren. An der "Furt" stecken über ein halbes Dutzend Fahrzeuge im Treibsand, einige ziehen sich gegenseitig raus oder noch tiefer in den Schlamassel, andere schaffen es irgenwie und motivieren die nächsten zur Querung. Ich betrachte mir die Möglichkeiten in aller Ruhe und komme zu dem Schluß, das eine Meisterschaft der 05er im nächsten Jahr wahrscheinlicher ist, als unser Durchkommen. Mit Hilfe im Schlamm kann man zwar rechnen, aber die Bachböschung auf der anderen Seite könnte uns zum Verhängnis werden, falls wir umkippen. Kommen wir rüber haben wir noch 1100km. Piste dieser Art vor uns, natürlich mit div. Flußfurten. Die Wahscheinlichkeit, das die Strasse besser wird, bezweifele ich auch, wenngleich der mongolische Zoll bereits informiert wurde, das wir so um den 26 Juli über die Grenze nach Russland wollen und uns sehnlichst erwartet. Ob auf russischer Seite ein Veterenär die Hunde rein läßt, oder ob es dort übehaupt einen gibt ist außer den möglichen Tierseuchen und der damit verbundenen Quarantäne das nächste Problem, abgesehen von den am 2. August auslaufenden Visa. Dunkle Regenwolken und das Wiedersehen mit dem Baikalsee lassen uns eine Vernunftentscheidung treffen, wir fahren ca. 800 km. zurück, schlagen einen Bogen über Irkutzk und Omsk und reisen über einen "großen" Grenzübergang nach Kasachstan.

Da wir ein wenig an höhere Mächte für unsere Reise glauben und schon einiges Glück hatten, sehen wir es als einen Gotteswink - May be god has a masterplan? - und haben schon wieder eine neue Herausforderung vor Augen. Unsere Barreserven in Tugrik, der mongolischen Währung, beliefen sich zudem nur noch auf umgerechnet 30 Euro, da keine Bank der Welt dieses Geld zurücktauscht und Kreditkarten nur in UB akzeptiert werden.

Jetzt gab es doch einen Point of return nach dem Point of no return !

 

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10. Juli

Mercedes Benz in UB, eine Erfahrung der etwas anderen Art. Mit Getriebeproblemen fahren wir Dienstags kurz nach 11 Uhr die große und nagelneue Werkstatt an und werden mit fast akzentfreiem Deutsch begrüßt. Schau mer mal ist die Diagnose nach Schilderung der Probleme, aber bitte erst morgen um 10 Uhr. Es wäre viel zu tun, wir könnten aber das Auto hierlassen und uns mit den Hunden ein Hotel suchen. Ausführlich erklären wir warum das unmöglich ist und fügen uns dem Termin am nächsten Tag. Unser Stellplatz oberhalb der Stadt liegt in einem Naturschutzgebiet für allen anfallenden Großstadtmüll, den Wildhüter kennen wir bereits-wir können stehen bleiben solange wir wollen. Die Steppe ist karg, es riecht aber nach Thymian und die Hunde haben durch die grasenden Herden und mongolischen Reiter jede Menge Abwechslung, zumindest mehr als uns lieb ist.

Viertel vor Zehn sind wir wieder bei MB und werden von der selben Dame empfangen wie am Vortag, die anschließend interessiert ihren eigenen Laufzettel vom Vortag studiert. Jetzt kommt sie zu dem Schluß, das man erst mal Teile bestellen müsse, was durchaus 3-4 Wochen dauern könne, wir sollen uns doch eine Unterkunft suchen und das Auto hier lassen wie die anderen Kunden auch. Meinem Einwand, das man doch erst mal eine Diagnose stellen solle und es vonVorteil wäre einen Mechaniker das Getriebe ansehen zu lassen, will sie mit der Geschäftsleitung besprechen. Gegen 11 Uhr teilt sie uns mit das unser Verhalten sehr außergewöhnlich wäre, aber gut da wir nur 30 Tage Visa haben wird ein phillipinischer Mechaniker ausgiebigst informiert, gleich ans Werk zu gehen. Nichts geschieht, wir packen die Campingstühle aus, holen Lesematerial und beziehen unsererseits im Firmenhof Stellung. Nach einer weiteren Vertröstung und dem Versuch uns in ein Hotel zu komplementieren-Sehr ungewöhnlich, die anderen Kunden...-teilt die Dame uns nochmals mit, das so viel zu tun wäre,aber gleich um 13 Uhr gings los. Meine erste Vermutung bestätigt sich, 10 Minuten später fällt der Hammer-Mittag, eine Stunde. Die vohandenen Mechaniker haben wirklich eifrig gewerkelt, insbeondere an einem Rotel, das ist ein Hotel auf Rädern wenn man dem Betriber Glauben schenkt. In Wirklichkeit ist es ein mobiles Guantanamo, ohne Menschenrechte und die zahlenden Reisenden müssen der Genfer Konvention schriftlich entsagen. Haben bereits die Hotels entlang der Strasse nach UB nichts mit humanem Strafvollzug zu tun ist das die maximale Steigerung. Auch der Fahrer muß im früheren Leben Drillcomander gewesen sein, oder Erfahrung in der Bewachung Schwerstkrimineller haben, das Schicksal der Reisenden hinterfrage ich nicht. Pünktlich um halb zwei starte ich zu einer Probefahrt, 2 Mechaniker mühen sich im Anschluß redlich, nächste Probefahrt nach 90 Minuten. Die Handbremse funktioniert wieder einwandfrei, die Gänge1,3 und 5 springen besser raus den je, die Lage verschlechtert sich nach der dritten Probefahrt nochmals-zum Glück ist jetzt Feierabend. In blumigen Worten wird uns erklärt, warum es heute nicht so ganz geklappt hätte, man wäre aber auf dem besten Weg. Vieleicht solle man ja schon mal ein paar Ersatzteile bestellen, die dann sicher in 2-3 Wochen da wären, es wäre wirklich ungewöhnlich das wir das Auto nicht da lassen wollten, wie... ! Auch wenn der Erfolg ausblieb,  müßten die eifrigen Mechaniker entlohnt werden und eine halbe Stunde später präsentiert man uns eine saftige Rechnung über 230 Euro, dafür hätte ich in der Mongolei als Rinderzüchter groß durchstarten können. Leider hätte man auch am Donnerstag viel zu tun, weswegen es sicher keinen Sinn machen würde vor 14 Uhr zu kommen, wir könnten das Auto aber gerne... .Mein Einwand. das bereits um 16,30 Uhr die Segel gestrichen würden und dann wegen des Naadam-Festes 3-4 Tage sowiso nichts gearbeitet wird, wird nickend bestätigt, ein Kompromiss ist rasch gefunden : Kommt um 13 Uhr und wartet dann eine Stunde, oder laßt das Auto da. Mit den mir wechselnd zur Verfügung stehenden Gängen fahren wir in unseren Nationalpark, wo uns kaum angekommen unsere polnischen Freunde auf ein Bier besuchen, wir hatten ihnen die GPS Daten gegeben. Im Anschluß informieren wir Chris, einen von Kostjas Mittelsmännern der uns schon am Ankunftstag mit Rat und Tat zur Seite stand und wählen dann die Nummer eines Mongolen der in Mainz und Umgebung Geschäfte macht. Die Nummer hatten wir von einem lieben Kunden erhalten. Der gute Mann ist nach 13 Stunden Flug am heutigen Tag gelandet und will uns trotz Müdigkeit und Jetlag noch am heutigen Abend besuchen, nach zweistündiger Odysee trifft er kurz vor 23 Uhr auf ein Bier ein, chauffiert von seinem Bruder. Lagebesprechung, Hilfeversprechung, Verabschiedung. Tatsächlich geht das Handy, wir sind froh, das uns Chris zu einer mongolischen Simkarte verholfen hat und mit einem weiteren Bruder und dem Meister für Getriebeangelegenheiten wird ordentlich Probe gefahren und diskutiert und geschaltet und diskutiert. Die Erklärung, das die Gänge sich in irgendeiner Form entriegeln, sei es durch Verschleiß oder Sonstiges, erscheint uns plausibler als dem Mercedesvorschlag weiter Ausgleichsringe einzubauen, natürlich könne auch ein Kugellager defekt sein, welches dann bestellt werden müsse, aber... .Der Mechaniker hat leider erst später Zeit, weil gerade so viel zu tun wäre, aber wir werden zur Großfamilie eingeladen, die ganz in der Nähe wohnt, wiederum eine relative Aussage, da die knapp 20 km. wieder durch die halbe Stadt führen, die Verkehrslage hat sich seit der ersten Querung nicht gebessert. In Erwartung des Mechanikers tippe ich diesen Bericht, immer neue Mongolen besuchen uns im Auto, zu Tee und Gebäck waren wir bereits geladen-ums Dinner würde ich mich gerne drücken. Die Krönung des Erlebnisstages bei Mercedes war dann die Halbfinalniederlage gegen Spanien, das positivste, das wir uns die Übertragung nachts um 2.30 Uhr nicht angetan haben, aber das ist hier genaugenommen ja schon gestern oder morgen oder wann denn eigentlich?

Der "Getiebemeister" kommt statt 18 um 19.30 Uhr und begiebt sich sofort an die Arbeit, Regen wäre egal, er hat nur heute Zeit, die allerdings zieht sich. 3 Stunden später meldet der wortkage Mongole Vollzug, nichts kaputt, nicht mal Verschleiß, die Gänge mußten nur nachgestellt und neu justiert werden-Probefahrt im stockdusteren Slum, nichts springt mehr raus. Noch ein  bischen Feinjustierung hier und da , Fahrerhaus verankert und zurück zum Stellplatz.

Da Hamman unser Mainzer Mongole nur zu Besuch bei seinen Eltern war und unser Mechaniker aus einem anderen Stadtteil stammt, hatten wir uns bereits bei der Probefahrt in den Wellblechhäusergassen verfahren, seine Brüder fingen uns aber ein, bevor wir in den Mahtbereich des nächsten Clans gerieten.Augen auf und durch, ohne irgendwelche Stassenbeleuchtzg rumpelen wir der Hauptstrasse entgegen, wo der Verkehr nicht nachgelassen hat, die Situation als solche sich jedoch grundlegend geändert hat.

Statt Sandsturm am Mittag regnet es jetzt heftig, der Restverkehr hat entweder gar keine Beleuchtung oder Fernlicht oder Taschenlampe, überall stehen unbeleuchtete liegengebliebene Fahrzeuge, von den LKW`s ragt die Ladung in den Fahrbereich. Eine mongolische Spezialität ist der Klau aller Kanaldeckel und Eisenabdeckungen, die dann pronto nach China vertickt werden, somit lauern zusätzliche Abseitsfallen in der Dunkelheit, die allerdings einige aufgebretzelte "Damen"mit Sonnenbrillen nicht anerkennen wollen. Um Mitternacht sind wir unbeschadet in unserem Biotop, die Ravioli mit Mindesthaltbarkeitsdatum April 2006 schmecken wie das Dosenbier ausgezeichnet und wir sind wieder voll im Wüstenrennen in die Karakorum- und Gobi.

Unglaublich aber wahr, wir sind in die Mongolei gefahren. Die Grenze haben wir in 4 Stunden bewältigt, wobei die russische Bürokratie nur durch die mongolische Lahmarschigkeit übertroffen wird.

Stempel über Stempel, alleine beim Abschreiben des Nummernschildes macht der Beamte bei 7 Ziffern 3 Fehler, bevor der PC abstürzt und alles nur noch von Hand ausgefüllt wird. Die Hunde verhalten sich friedlich-soeben erfahre ich, das wir Argentinien 4:0 geschlagen haben und habe erstmals ein bischen Heimweh-, die Veterenärbeamtin stempelt die Hundepässe ab, wir erhalten die mongolische Haftpflicht und sind drin ! Zuvor wurde das Kloppomobil in einer Art Waschanlage geröngt und mindestens von 8 Beamten durchsucht, der Inhalt der Schränke, incl. Kühlschrank interessierte niemanden so wirklich. Wir treffen 4 Polen, die mit ihren Allradautos das Land 2 Monate erkunden wollen und schon mehrmals in der Mongolei waren. Es wird ein feuchtfröhlicher Abend, Oscar ist sturztrunken nachdem er eine Pfanne leergefressen hat und anschließend am Lagerfeuer unbemerkt aus mehreren Bechern Whisky säuft.

Ob des schönen Wetters und der netten Polen beschließen wir einen weiteren Tag am Fluß zu verbringen, es sind 35 Grad, aber nicht schwül. Gegen 10 Uhr morgens, ich schwimme mit den Hunden, spricht mich eine nicht unattraktive Mongolin an: Where you come from?, und erblickt im Anschluß unsere neuen Freunde. Während ich dem Wasser noch entsteige, hat sich eine fröhliche Rosenmontagsrunde zusammengefunden, zu der wir mit den Hunden stoßen - die Mongolen saufen literweise Vodka und den von Oskar verschonten Schnaps und sind um 12 Uhr dicht bis zum Anschlag.

Die mongolische Perle ist die Tochter eines Großbäckers - also eine Art Gülchan Kamps - und mit dem Polizeichef der Region liiert, man erteilt uns Absolution und Straffreiheit im Bezirk, alle werden zum Nadaamfest nach U.B eingeladen. Zum Glück können unsere Sponsoren bald nicht mehr laufen, der Polizeichef will noch Canabis verteilen, aber der befreundete Fahrer bringt das Pärchen unter Dauergehupe außer Reichweite-das kann was werden !Wir verabschieden uns am 3.Tag von unseren Freunden aus Polen, die selbstlos unser Auto bewacht haben, als wir schwimmen waren-so schnell können sich die Meinungen ändern-und nehmen Kurs auf Ulan Bator.

Dachan ist die zweitgrößte Stadt des Landes und hat sich hervorragend auf die Bedürfnisse der Einwohner, umliegenden Jurten und zufälligen Durchreisenden eingestellt. Es gibt alles was man braucht: Brot, Bier Prostituirte und natürlich Hammelfleisch, das Kilo für 2,5 Euro, Knochen- aber nicht fettfrei. Es sieht hier aus wie in Burma/Myanmar und riecht auch so. Schafe und Ziegen werden am Strassenrand geschlachtet und geteilt, die Artgenossen sehen in stoischer Ruhe zu bis sie das selbe Schicksal ereilt. Überall liegen abgetrennte Beine, Felle und Schädel, die vergammeln oder auf neue Abnehmer warten. Ich schätze die Überlebenszeit unserer Hunde ohne persönliches Protektorat auf unter 5 Minuten ein, die 90.000 Einwohner denen wir begegnen sind unsgegenüber aber freundlich und sehr interessiert, mit 2 Kilo ungekühltem Fleisch und ohne Verhandlungen mit der Damenwelt verlassen wir den gewöhnungsbedürftigen Ort und fahren schnurstracks in die Akopalypse.

ULAN BATOR, ist die hässlichste und chaotischste Millionenstadt der Welt. Eigentlich dachte ich, das El Alto eine Vorstadt von La Paz-auf dem bolivianischen Altiplano-nicht zu toppen ist, aber es gibt immer eine Steigerung.

Entschuldigt meine lieben Russen, so wie hier Auto gekämpft wird, würde wahrscheinlich mancher Taxifahrer in Bombay weinend das Handtuch werfen und lieber freiwillig die pakistanische Staatsbürgerschaft annehmen. Nachdem mich unser Navi in über 3 Stunden mitten durch die City-wie immer das mit Abstand und ca. 80 cbm. Volumen größte Fahrzeug überhaupt-durch eine Stadt ohne Regeln, aber mit Farwellas und Obdachlosen auf dem Mittelstreifen gelotst hat, will mir sogar Sabine einen Orden verleihen, den ich weder für Südamerika, noch sonstwo im Linkssverkehr in fremden Millionenstädten bekommen hätte, 1 km. in einer Stunde, Fahrbahnen von 5 auf eine Spur und alles völlig vogelfrei ohne den Versuch der Bullerei irgendwas gegen das Chaos zu tun-unvorstellbar.

Stellt euch vor, die Schiersteiner- und Weisenauerbrücke sind gesperrt, alles ist erlaubt, nichts wird geahndet und der der nach immaginärer Stoppzeit zuerst durch ist bekommt eine Million Euro. Tiere, Kinder und Alte zählen natürlich in diesem Spiel genauso wenig wie Fußgänger an Ampeln. Richtig, Ampeln.,die sind genauso bedeutungslos wie einsame verzweifelt pfeifende Polizisten. Ganz ehrlich, bevor ich da noch mal durchfahr, laß ich mir lieber eine Dauerkarte für die Westkurve in Lautern schenken und steh die ab, als mir das noch mal anzutuen-wer mich kennt weiß was das heißt !

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02. Juli

Über 9000 km.auf russischen Pisten liegen hinter uns, der Strassenzustand war für Deutsche teilweise unglaublich. Für 36 km. benötigten wir einmal so lange wie Klaus Haffner-Stadionsprecher Mainz 05- für den Gutenbergmarathon über die volle Distanz, es gibt Waschbrettpisten vom Feinsten, staubige Schotterstrassen, oder einfach nur Erdstrassen, die nach Regenfällen zu seifigen Schlammlöchern werden. In der Regel ist rechts ein Sumpf, links als Alternative tiefer Sand und die Russen fahren ale Paris-Dakar. Außer einem Steineinschlag neben dem Dresdenaufkleber ist nichts passiert. Wir hatten Glück, alle Menschen die wir trafen waren freundlich oder sturzbetrunken und friedlich.

Nur einmal haben wir den Nachtstellplatz gewechselt, ein Sascha wollte noch kriechend Verbrüderung mit uns feiern. Da es keine Zäune gibt kann man überall reinfahren, wir hatten unvorstellbar schöne Stellplätze, niemand nahm an unseren Lagerfeuern den geringsten Anstoß. Pferde-, Schafs- und Kuherden waren unsere engsten Nachbarn und zogen durch unsere Camps, gestern konnten wir den Kampf zweier halbwilder Hengste aus nächster Nähe beobachten, heute morgen Eisvögel, oder am Vortag buddistische Mönche, vor deren Kloster wir nächtigten. Auch die Versorgung war gut bis sehr gut, nur Obst und Gemüse sind sehr teuer im Osten Sibiriens, die Felder werden gerade erst bestellt.

Auch für Insektenliebhaber ist hier die Erfülung aller Träume, es gibt gelbe und schwarze Mossies, Bremsen und Sandflies, die ihren Kollegen von der Westküste von NZ in nichts nachstehen und selbst durch unsere engen Fliegengitter kamen. Landschaftlich wird alles geboten, es ähnelt oftmals Patagonien und Argentinien/Chile, dann wieder den Graslandschaften der Kiwis, teilweise sogar ein wenig Namibia. Die Berge , Flüsse und Seen könnten genausogut in Canada oder Alaska sein, wo es bekannterweise auch reichlich Blutsauger gibt. Ja, nach Russland und insbesondere die Region um den Baikalsee will ich - nicht nur wegen der atemberaubenden Frauen - genauso wie Sabine irgendwann zurückkehren. Da man es mit Gewerkschaft und 40 Stundenwoche, oder sonstigen Sozialleistungen nicht so eng sieht, wird rund um die Uhr am Strassennetz gebaut, in der Nacht und an Sonntagen incl.,in 3-4 Jahren dürfte es relativ gut befahrbar sein - hoffentlich verliert es damit nicht an Reiz. Die Polizei ist zwar omnipräsent, war aber immer korekt und freundlich, ich wurde nie um Spenden für den Polizeiball gebeten, eine südamerikanische Unsitte. Auch die dritte Verkehrsregel: Fahre nie über eine durchgezogene Linie habe ich befolgt, in der Mongolei gibt es nur eine: Der Ausländer ist immer Schuld, Diskussion sinnlos, Gerichtstermin nach frühestens 4 Wochen, toll bei Monatsvisa, wir werden sehen. Wahrscheinlich kann ich ab jetzt nur unregelmäßig mailen, die Versorgung nach Ulan Bator beschränkt sich auf Brot, Bier und Hammel und die Strassen sollen noch viel schlechter als hier sein, nach Regenfällen oft tagelang unpassierbar. Regenzeit ist übrigens der Juli, also wir hören dann voneinander, Grüße ins schöne Mainz, Andreas.

 

Na gut einen hab ich noch: Die Metamorphose der russischen Fau in 3 Phasen, eine sehr schwierige Recherche, vor allem wegen der russischen Männer, die immer noch im Kampfanzug mit Gummilatschen und dreckigen blauen Socken rumlaufen, was den Gesammteindruck mindert. Die erste Lebensphase verläuft wohlbehütet und gerne vom Opa betreut-der kommt selten unter 3 Promille und scläft gerne auf der Hauptstrasse-bis in das Alter um 14. Über Nacht werden die Weibchen geschlechtsreif und beginnen am folgenden Morgen die Balz.

Bis zum Abend können alle auf den bereits dokumentierten Mörderschuhen laufen und zielsicher die Wiedrigkeiten der lokalen Strassen umstaksen, so das Heidi Klum wie ein Trampeltier erscheint.

Erstaunlich, 12 Stunen von der Gummilatsche zum Stiletto. Hiermit ist die Jagdt auf Männer vollends eröffnet, selbst mittelalterliche Touristen pasen ins Beuteschema. Die Paarungszeit ist dann ganzjährig, sobald es die Witterung zuläßt, besonders in ländlichen Regionen, gerne im Lada, Wolga oder in den letzten 15 Jahren auch in deutschen und japanischen Geländewagen. Kondomski bewahrt die Nation vor Überbevölkerung. Die Mode ist gerne overstyled, kleinere Mängel beheben Schönheitschirogen in den Großstädten um die Mutation in Phase zwei solange wie möglich hinauszuzögern. Meistens in Vollmondächten tritt dann das unvermeidbare ein und die vormals Schönen wiegen mindestens 25 Kilo mehr, die Röcke gehen bis zum Boden und die frühere Schuhmode läßt nur noch gebücktes gehen in Sofaschlappen zu. Der Sexualtrieb läßt noch nicht nach, weswegen die betroffenen Männchen sich die Angelegenheit jetzt schön trinken, die Weibchen übrigens auch. In dieser Phase um die 40 sind die Frauen besonders gefährlich, wohl dem der einen Partner dabei hat. In der letzten Phase geht das Gewicht wieder zurück, da Frau sich überwiegend flüssig ernährt, Kittelschürze und Kopftuch prägen von nunan das Gesamtbild. Vor dem Holzhaus sitzend, oder den Nutzgarten bewirtschaftend genießt man den Lebensabend mit einem Gatten der immer noch so ähnlich wie M.Thurk aussieht und zwischen 4 und 6 Goldzähne hat - und natürlich unbändien Durst. Bin ich auf die Mongolei gespannt!

 

Impressionen
 

 

30. Juni

Plötzlich und völlig unerwartet waren sie da. Ufos aus einer anderen Welt. Zwei rechts, zwei links, so steht die Vorhut vor der Fähre auf's Festland. Unbehelligt setzen wir über. Hier steht die Hauptstreitmacht mit 13 Raumschiffen, in gebebührendem Abstand folgen die beiden letzten Fahrzeuge - ja wir haben sie zufällig getroffen, die Brigarde der Kostjaner. Unseren persönlichen "Freunden" aus HH und der Schweiz fallen wir um den Hals, weil wir uns wirklich freuen die beiden Paare erstmals seit Riga wieder zu sehen - Vornamen vergessen, Nachnamen nie gewußt.

     

Egal, wir sind happy uns über die Menschen, die uns von Anfang an sympatisch waren, zu freuen. Der Rest verhält sich sehr deutsch. Trotz dem wir Alle vom sehen kennen, werden wir von freundlich bis nicht vorhanden behandelt. Immerehin haben wir für diese und die folgende Truppe in täglicher Pionierarbeit alle erfahrenen Infos weiter gegeben, aber manchen scheint es wichtiger zu sein, das Fenster zu zu machen, als die WM-Stände von uns zu erfahren. Wir sehen dem Treffen mit der doppelten Meute in Ulan Bator mit sehr gemischten Gefühlen entgegen, einige hatten ihr Mitfahrveto gegen uns - wegen der Hunde erhoben.

Keine Ahnung ob es je Einer von euch liest, aber ihr fahrt sebselbstgewählt mit Vollkasko und Wechselstube, incl. Mechaniker durch die ganz weite Welt! Mehr geht nicht. Uns scheint es, die wir ohne Kulturprogramm und mit täglicher Stellplatzsuche, dafür ohne Dolmetcher und Roadbook, geschweige denn Reperatur- und Lokalcrew unseren eigenen Weg gehen und fahren, ein unvergessliches Abenteuer. Hallo, was wollt ihr denn noch von Kostja?

Entgegen der Karawane fahren wir auf unseren Berg - den Berg der Stille, der eigentlich nur ein Hügel zwichen zwei weiteren Hügeln ist, wir weden die GPS-Daten trotzdem nie bekannt geben, weil es unser Berg ist. Vollkasko und Einsamkeit vertragen sich halt nicht.

Vor der Abfahrt habe ich mir unsere Übernachtungsplätze in den buntesten Farben ausgemalt, mit Stimmungsmusik zum Sonnenuntergang von Pink-Floyd zu Adorno - jetzt, nach nur 6 Wochen will ich nur noch die Ruhe genießen. Alleine die Stille dieses Hügels bringt uns mehr Seelengleichgewicht als  wir uns je erträumen konnten! Außer Ferne gibt es nichts zu sehen, außer Weite nichts zu hören. Die Stille beschäftigt uns, gepaart mit der Freiheit des Seins, in unglaublicher Art. Gedanken die es in Deutschland nicht gibt. Selbst der Schrei des Raubvogels, lässt meine Sehnsucht nach dem Abi 80-Treffen, dem 30. en Jubiläum nicht wirklich aufkommen. Nein, zum 35. igstem bin ich da, um den Tag in Meisenheim/Glan zu zelebrieren. Das war "The best time of my life", möglicherweise hat die Zweite hier -bewußt- begonnen.

Wie jeden Morgen dusche ich heiß und sehe unsere Hunde aus der Nasszelle in ca. 800m Entfernung Erdhörnchen und Sonstwas jagen - kann ein Tag besser beginnen, außer absolouter Stille und der Freude auf eine gute Tasse Kaffe, auf meinem persönlichem "Berg des Schweigens" ?

Eines ist klar, wir, und nur wir, können und wollen all das was wir erfahren und erleben durften nur für uns als so einzigartig empfinden, weil es nur einmal im Leben passiert - Keiner von euch muß es irgendwann verstehen.

Wie sang NENA vor 30 Jahren: "Irgendwie fängt irgendwo, irgendwann die Zukunft an". Gar nicht so blöd für mich , der ich just damals Abi gemacht habe und jetzt mit der Duplizität der Ereignisse kämpfe. Ich freue mich auf den  nächsten Tag !

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25. Juni

Wir haben Irkuzk auf guter Strasse verlassen und steuern die Insel Olchon an. Nur die letzten 30 km wehren sich mit übelster Schotterpiste, Waschbrett und teilweise gewachsenem Fels gegen die Invasoren. Die Überfahrt mit der Fähre ist kostenlos, die folgenden 30 km in die Inselhauptstadt Khuzhir bewältigen wir in 1,5 Stunden. Es wäre auch möglich mit Tempo 55 über die Piste zu jagen, weil man bei dieser Geschwindigkeit über die Querrillen fliegt, aber wehe wenn man ein großes Schlagloch übersieht - von selbigen gibt es reichlich. Zudem besteht stets die Gefahr bei einer Vollbremsung die Spur nicht halten zu können. 1300 der 1500 Inselbewohner leben in dem Ort, der auf den Aufschwung durch den Tourismus wartet, aber nicht mehr aufzuhalten ist.

         

Grigori betreibt mit seiner Frau Vera ein Internettcafe in der Hauptstrasse, die noch viel schlechter als die restlichen Wege sind. Instandhaltung bringt nichts, da hier im Ort ja mehr Autos fahren würden, die die Strasse dann wieder in Grund und Boden fahren lautet die plausible Erklärung. Grigori spricht fließend Deutsch, so akzentfrei, das ich annehme er wäre ein Landsmann, was er aber nicht ist. Er stammt von der Ostküste Russlands, die noch mal 3000 km. entfernt ist, seine Frau von der Krim. Alternative Aussteiger würde man bei uns sagen, zumal die beiden Kräuter sammeln, eigenen Tee und Tinkturen herstellen und mit den Zwillingen und der hübschen Tochter, die gerade 18 wurde, einen Souveniershop betreiben. Mountenbikes und Tagestouren runden das Programm ab. Natürlich gehen wir gemeinsam auf Tour. Der sanftmütige Russe, in dessen Jurte Ave Maria auf CD lief und der so frei von Hektik und Unrast war zeigt nach dem Ortsende sein wahres Gesicht.

Autobahn nennt er die Schlaglochholperpiste über die er mit Tempo 80-100 rast, alternative Erdrouten werden im gleichen geschätzten Höllentempo genommen - der Tacho des betagten Suzuki Swift Allrad verweigert ab Tempo 30 den Dienst. Erstaunlich was das Vehikel leistet, ich dachte als Zweitwagen für die Frau scheitert so ein Ding an der Zufahrt zum Aldiparkplatz bei Schneefall. Zwei Tage erkunden wir gemeinsam die wunderschöne Insel, die Grigoris geliebte Wahlheimat ist - individueller und informativer kann man keine Touren durchführen, Käsebrot - die beiden sind natürlich Vegetarier, was ihren Hunden zu schaffen macht - und Gebäck mit Tee runden die Touren ab.
363 Zuflüsse hat der Baikalsee und mit der Angara nur einen Abfluß. Der älteste und tiefste See der Welt enthält mehr Wasser als die fünf großen Nordamerikanischen Seen zusammen, natürlich in Trinkwasserqualität. 630 km lang und vom endemischen Omul bewohnt ist diese "Perle Sibiriens". Vielen Dank für alles was wir gemeinsam erkunden durften und erfahren haben - zwischen der russischen Achterbahnfahrt im Suzuki. Nebenher repariert Grigori noch unsere Trinkwasserpumpe, organisiert eine Bootstour, zeigt uns Stellplatz und Wasserturm und füllt uns mit Tee und Kuchen ab. Als sein Freund Michael (Schumi) weinend aufgab bezeichnet der begnadete Offroader besonders haarige Passagen in die wir uns mit Vollgas bergab stürzen, bevor sich unsere Wege nach viel zu kurzer Zeit wieder trennen. Wir sehen uns sicher wieder, unsere Einladung steht, auf bald mein Freund.

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18. Juni

Waschtag - von Angie Duesberg

 

Hallo, mein Name ist Angie, am 1. Juli werde ich 2 Jahre alt. Meine Familie habe ich in Straussberg im Nordosten von Berlin kennengelernt - ich war gerade mal 6 Wochen alt, an meine Eltern und Geschwister kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich fürchte, daß sie es nicht so gut getroffen haben, weil böse Menschen auch mich totschlagen wollten, aber dann traf ich erst den Tauchlehrer, der mich 5 Tage aufnahm und dann kam das Kloppomobil. Seitdem ist Oskar mein Papa, Scheila meine Mama und der Grubsch meine Schwester. Meine wirkliche Mutter hat bei jemandem ohne Geld gelebt, deswegen wollten die mich totmachen - Geld muß in eurer Zweibeinerwelt wohl sehr wichtig sein, ich komme ohne klar auch wenn Andreas sagt er würde mir Taschengeld abziehen wenn ich Unsinn anstelle.

Gut, mit einer blauen Decke mit Eisbär drauf hab ich dann meinen Platz im großen Auto gefunden und bin Mainzer geworden - kein 05er, weil Fußball ist doof - da müssen wir zu Hause oder im Auto warten, obwohl auswärts ist eigentlich doch gans gut, weil ich soo viel von der Welt sehe und letztendlich hier auf einer Insel in Sibirien gelandet bin. Olchon oder so, gefällt mir sehr gut. Morgens stehe ich auf und darf direkt rennen gehen, ohne Leine und soweit ich möchte - wir stehen immer entfernt von der Straße, da kann keiner überfahren werden. Mit dem Grubsch checke ich zuerst mal die Löcher der Erdhörnchen, jage ein paar Vögel oder Möven und suche dann die nächste Schafherde. Schafe sind doof, die rennen in alle Richtungen wenn wir angreifen. Spätestens jetzt gibt es ordentlich Mecker von Herrchen - wir wären hier Gäste und die Insel gehöre nicht uns. Geht aber vorbei und dann gehen wir gemeinsam spazieren am Strand. Sheila schläftimmer am längsten, vor ein paar Wochen ging es ihr sehr schlecht und sie hat gezittert und wollte nichts fressen.

Alle waren sehr traurig und wir waren schon beim Tierarzt um sie von ihren Schmerzen zu erlösen. Der hatte gerade Mittagspause, deshalb sind wir noch mal raus aus der Stadt gefahren und waren spazieren. Siehe da, der alte Dackel wollte mit, war schwimmen und hat gefressen wie Oscar - Glück gehabt, jetzt rennt sie morgens mit mir um die Wette und schwimmt wie ein Fisch. Danach gehen wir wieder zum Auto und ich jage Rinder mit oder ohne Cowboys und Pferd. Wieder gibts Mecker von Frauchen, aber die Leute sind immer nett und schenken uns Milch - die sauf ich mit den anderen für mein Leben gerne, ganz frisch von der Kuh. Die blöden Kühe sind übrigens wenig beeindruckt von meinem Gegauze, aber bei Kälbern klappt es prima. Auf der Insel gibt es kein fließendes Wasser, also fahren wir zum Wasserturm, zahlen 50 Rubel für 250 Liter - das ist Touritarif, immerhin 1,25 Euro - dann geht es wieder auf die Seewiese. Während unsere Sponsoren Wasser heiß machen und im Kessel 5 Stunden lang Wäsche waschen, belle ich die Fischhändler an, die auf Motorrad mit Beiwagen kommen und uns 6 Omule, ein Fisch den es nur in diesem See gibt, für nicht mal 2,5 Euro verkaufen. In 400m Entfernung haben zwei Schweizer ihr Zelt aufgebaut, ich lauf schnell hin, kläffe und staub was zu futtern ab.

  Wie zu Hause gehe ich zu allen Nachbarn, die sind hier nur viel weiter weg. In Moskau mußte ich über 500m rennen um über den halben Campground zum Besitzer in die Küche zu kommen und was abzustauben, dafür bin ich aber mehrmals gerannt - außer es waren Russen in der Nähe um deren Zelt zu inspizieren. Ihr seht, die Kontakte stelle ich her. Wenns klappt jage und kläffe ich dann wieder hinter allem her was sich so bewegt, egal ob Polarfuchs, Krähe oder den seltsamen Vögeln die immer einen Höllenlärm über meinem Kopf machen, damit ich ihr Nest nicht finde, werde geschimpft - was nicht lange vorhält - und warte bis Herrchen für uns gegrillt hat. Die zwei sind hier trotz der täglichen Herausforderungen viel entspannter als in Finthen, Andreas ärgert sich Abends am Feuer zwar immer noch über die unfähigen Käufer seiner Firma und das dass, was die nicht geschafft haben dann der Insolvenzverwasweißichwiedasheißt ruiniert haben, aber es wird immer seltener als zu Hause. Mir ist es recht, so hat er viel mehr Zeit für mich. Gut das ich nichts von Geld verstehe und für freie Kost und Logie nur gauzen muß. Ich haue mich nach dem Abendessen dann noch im Sessel ans Feuer und trinke mein Feierabendbier, bis wir schlafen gehen. Da bin ich dann tagsüber mindestens 30 km gelaufen, habe vom vielen graben eine braune Nase und bin sehr müde. Nachtwache hat immer der Grubsch - vorne im Fahrerhaus, der dicke Oskar schläft auf den Decken am Boden, Sheila auf Sabines Sitzplatz und ich auf dem von Andreas - Ihr wißt schon auf meiner Eisbärendecke. So, gute Nacht jetzt, ich bin hundemüde und muß mindestens 10 Stunden abgrunzen und von meinen Abenteuern Träumen - eure Angie.

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11 Juni 2010

-Tag 35-

Nach 8270 km erreichen wir erstmals das Ufer des Baikalsees. Aus Gründen, die ich euch erst in einigen Monaten berichten werde, ist dieser Tag mein 2. Geburtstag. Keine Panik, es ist kein Tropfen Blut geflossen, kein Mensch oder Hund verletzt und das Auto hat auch keinen Kratzer, aber es war ein richtungsweisender Tag. Ich/Wir beginnen uns mit all den Erlebnissen zu fragen, ob es vielleicht doch höhere Mächte gibt, die dein Schiksal bestimmen, oder als Ausgleich irgendwie erwarten, daß ich/wir noch Gutes tun. Egal wie , ein Tag wie ein Leben-mehr Höhen und Tiefen gibt es nicht. Jetzt sitzen wir mit Freudentränen und völlig geschafft in unglaublich schöner Landschaft und danken dem Herrn.

Wir haben viel , sogar sehr viel von der Welt gesehen und zusammengerechnet Jahre im Ausland verbracht, aber schon jetzt weiß ich, das das was wir aktuell durchziehen einen Wendepunkt in meinem Leben darstellt. Das muß und soll keiner verstehen, aber ich war bestimmt so zu enden. Das alte Leben kommt nächtlich in Träumen, aber auch die werden weniger. Ich bin weder Kerkeling-den ich noch immer nicht lesen konnte, weil er dann mal weg war- noch werde ich für den Literaturpreis vorgeschlagen, aber eins ist sicher : Falls wir wieder nach Mainzia zurückkehren werde und muß ich über `This time of my life`ein Buch schreiben - Logo mit (Frauenfuß)Bildern. DEMUT ist ein aus dem Sprachgebrauch gekommenes Wort, welches mir für die Erlebnisse und das Leben allgemein angebracht zu sein scheint. Überdenkt doch mal das ``Eure im Heute``,läuft alles gut? Ich bin mittlerweile mit sehr wenig zufrieden, weil wir Verzicht und Leben lernen - Materilles minimiert sich bei Wasserbeschaffung und den neuen täglichen Aufgaben sehr schnell. Tragik und Kommödie im Stundentakt! Danke für den heutigen Tag, we will never forgett! Ach ja, ich hatte schon runtergefahren, aber seit heute habe ich einen Glücksstein vom Ufer des Baikalsees, der mit dem Vormittag so gar nichts zu tun hat. Meine Mutter hat gesagt, das ich die Verantwortung für Sabine, die Hunde und den Rest unseres Lebens habe - OK, hab ich verstanden, deshalb verspreche ich euch allen, daß ich am 15.12. wieder am Bruchweg bin - wäre schön einige von euch zu sehen. Egal wie verschieden wir sind und was uns täglich bewegt - ohne euch geht es halt auch nicht. Wir sind sehr froh, euch zu haben. Die Erkentniss reift aber auch manchmal erst durch die Distanz, gut das ich den Weg gewählt habe. Drückt euch mal gegenseitig von uns - die Hunde grunzen und schnaufen vor Zufriedenheit, Sabine schläft den Schlaf der Gerechten und Geschafften, ich umarme euch und die ganze Welt. Bis bald...

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04. Juni

Oh, I`m on my way, yes I know, I`m on my way, singt Cat Stevens gegen das monotone Motorbrummen und den gleichmäßigen Sing-Sang der Geländereifen an und trifft damit den Lebensnerv in den Weiten Sibiriens. Die lähmende Langsamkeit mit der sich der Kilometerzähler nach oben schraubt, verstärkt das Gefühl unendlicher Weite und Ferne auf der einen Seite, euphorisiert mich aber andererseits. Ob wir nun 6 oder 7000 km fern der Heimat sind und 5 oder 6 Stunden vor der MZZ - MainZer Zeit - sind ist egal geworden. Mit Tempo 50 bis 60, im Mittel wohl eher 40 Kilometer pro Stunde, fahren wir weiter und weiter nach Osten.150 bis 160 Euro kosten uns beim nachtanken 400 ltr. Diesel, die uns 2000 km. weiter bringen-Ein positiver Nebenefekt der Langsamkeit des Seins, wir brauchen bei vollem Kampfgewicht von 13 to. weniger als 20 ltr. Sprit auf 100 Kilometer. Die Supermärkte wie Tante Emma-Läden lassen keine Wünsche offen, zusammen mit den Hunden leben wir für 10-12 Euro pro Tag wie die Fürsten.

 

Kaviar und Getränke incl.,- natürlich. Das einzig nervende sind die Moskitos, die in ungeahnten Mengen blutrünstig über uns herfallen und Richtung Osten größer und aggresiver werden.Lagerfeuerromantik kommt nur bei Windstärke über / und Temperaturen unter 6 Grad auf-bei Dauerregen versteht sich. Mit der Erkentniss, das unsere Jalousien nicht schnakensicher sind, kommt es zu einem Massaker: 4 verletzte Hunde, 2 verletzte Menschen, aber über 320 getötete Agressoren sind die blutige Bilanz; mit geänderter Taktik verbessert sich unsere Lage nächtlich, aber dem Eindringen durch die Luftschlitze können wir nichts entgegnen. Die Landschaft Sibiriens gibt sich über Tausende Kilometer abwechslungsreich. Es gibt Birken, Sumpf, Seen, Ackerland, Wiesen, Löwenzahn und Löwenzahn, Birken, ... .Anfang Juni sind wir 8 Wochen in den Jahreszeiten zurückgefahren, in Novosibirsk beginnen die Tulpen zu blühen-unglaublich!

-Der gemeine sibirische Schlauchmolch-Reifus Platzis - kann noch problemlos in den Sümpfen und Tümpeln entlang der Strassen des Mittelsibirischen Tieflandes beobachtet werden. Der monogame endemische Plattschleicher liebt ein morgentliches Sonnenbad unter seinesgleichen, um sich zur Mittagszeit in die kühleren Biotope zurückzuziehen. In freier Wildbahn ist eine Lebenserwartung von bis zu 500 Jahren keine Seltenheit, fällt er nicht einem Strassenbauplan zum Opfer. Aber auch sein Lebensraum ist durch die Globalisierung gefährdet. Sowohl die eingeführte Südamerikanische Flaschenkröte - Rana Piva Plastica -, als auch der Afrikanische Müllfrosch - Rana Verdrusnica Africanus - engen seinen Lebensraum stark ein. Wie so oft, wenn der Mensch in die Natur eingreift, können sich diese beiden Parasiten mangels natürlicher Feinde nahezu explosionsartig ausbreiten. Die Bemühungen einer sogenannten Müllabfuhr erscheinen uns nur eine Alibiausrede für die nächste Klima- und Umweltkonferenz. Wir werden weitere Fakten schonungslos aufdecken! Cornelia Rados & Andreas Duesberg aus Nordost-Sibirien.

-Ansonsten durchfahren wir den TRANSSIBIRISCHEN HIGHWAY, wie ich die einzige West-Ost Holperpiste grosspurig getauft habe mit dem Sound der 68er, Woodstok und Uschi Obermaier-Musik vergangener Jahre. Es ist ein Genuß, endlich nach 30 Berufsjahren die Zeit zu haben Musik zu hören und den revolutionären Gedanken der Abi 80 Generation nachzuhängen.(Kranken-, Lebens- und Unfallsversicherung incl. versteht sich) Die Freiheit ist wohl doch größer als die Revolution, die ich persönlich vollbracht habe, aber immerhin - wer von Euch hat diesen Weg beschritten oder mit solcher Konsequenz geplant und durchgezogen? HEUTE nimmt mir keiner mehr, ich bin von seltener Zufriedenheit!

Aus der Rubrik: Unglaublich aber wahr, berichte ich gerne von jenem Madegassen, der sich zwecks Reperatur eines Schubkarrens unter selbigen legte - am 3. Juni hatten wir wieder ein solches Erlebnis. Mit Lichthupe macht uns ein entgegenkommender Motorradfahrer auf sich aufmerksam. Wir sind 7800 km fern des Bruchwegs, auf der Höhe von Myanmar(Burma). Mit freuden registrieren wir das Ösi-Nummernschild und texten uns gegenzseitig zu, wir haben ja fast 4 Wochen keinen deutschsprachigen getroffen. Der Jungschwarzenegger ist von der Alpenrepublik durch Afrika nach Kapstadt gefahren, hat nach Buenos Aires übergesetzt, ist meine geliebte Ruta 3 nach Feuerland gefahren um danach die komplette Panamerikana bis Alaska alleine abzureißen. Übersetzung nach Japan, Korea, Wladiwostok an der russischen Pazifikküste, Abstecher nach Kasachstan, entlang des Pamir und den Schurkenstaaten, irgendwie auch noch den Iran mitgenommen und jetzt wieder aus Kasachstan kommend auf dem Weg in die Heimat. -Das Kaspische Meer hat er mit der Fähre überbrückt- . Na und - denkt ihr, ein Verrückter wie wir, der seinen Traum lebt. Ja das stimmt, aber der Mann ist taubstumm und wir haben uns in der Kürze unseres Treffens wirklich nur schriftlich zugetextet und mit Handzeichen verständigt - ich bin tief beeindruckt und hänge den Rest des Tages meinen Gedanken nach - was für eine stummer Charismat! Wir haben nicht mal seinen Namen erfragt, aber den werde ich über das Foto seines Bikes noch rausbekommen.

Der Tag bekommt einen Rhytmus, zwichen 16 und 18 Uhr suchen wir einen Stellplatz. Fluß, Bach oder Fließgewässer bevorzugt, alleine wegen der Mossies. Das Prinzip ist einfach: Rechts, links - passt super. Ohne Übertreibung, außer dem Müll ist es irre schön. Feuer machen, grillen für Mensch und Tier, Hauptsache die Aktion ist gegen 21 Uhr abgeschlossen - da ist die Lufthoheit flöten. Wir schlafen dann in der Regel zw. 9 und 10 Uhr.Müde macht die Reiserei ,weswegen Mensch und Tier mindestens 10 Std. schlafen. Rührt sich der erste Hund , wird die Tür geöffnet und wer will,verrläßt die Einraumwohnung. Während einer duscht wird Kaffe/Teewasser erhitzt, anschließend geht es spazieren. Gegen 9 verlassen wir spätestens den Schlafplaz um dann bis zur Mittagszeit zu fahren. Lecker Ei mit lokalem Fischrogen ist mittlerweile Kult geworden,und aus dem Frühstück nicht mehr wegzudenken.

Wie erwartet ist die Brotqualität mäßig, das restliche Essensangebot jedoch bestens-außer für Vegetarier-.Der Einkauf in einer mittelgroßen sibirischen Stadt gestaltet sich immer erlebnisreich. Das die Städte für LKWs gesperrt sind wißt ihr bereits, ich fahre trotzdem rein-Abenteuer pur. Wir fragen uns zum zentralen Supermarkt durch, parken und shoppen. Der Mob rottet sich zusammen und erwartet unsere Rückkehr. Wir werden mit Fragen überhäuft, verteilen unsere Karten und Sabine beantwortet so eifrig die Fragen der Menschen, wie ich Autogramme gebe und die Telefonnummern der passablen Damen notiere.Eifrigst wir das Handy benutzt und bald herrsch Heimsiegstimmung unter den sich rasch vermehrenden Sibirern. Gibt es noch eine Hausbesichtigung des Kloppomobils dazu, ist die Menge kurz vor der Extase-glaubt es oder nicht, so läufts, nur mit den Telefonnummern meinerseits hapert es wegen mangelnder Russischkentnisse-die Angebote stehen aber. Bei gutem Wetter geht es dann wieder auf die Stellplatzsuche für die Nacht.

Stajankas-bewachte Plätze für Fernfahrer- meiden wir nicht nur wegen der Gebühr und dem Charme eines Exekutionsplatzes, sondern auch weil wir uns sehr sicher fühlen. Die Natur ist wunderbar, die Hunde im Paradies. Die Feierabendgestaltung läuft dann nach dem Vortagsschema ab. Kuckuk und Nachtigall singen uns in den Schlaf.

Eine besondere Laudatio möchte ich dem russischem Bier widmen. Seit dem Grenzübertritt verfolgt uns das 8%ige Achota, welches nicht nur ausgezeichnet schmeckt, sondern auch nach dem ersten Glas dumm macht. Der Aggregatszustand meiner abendlichen Artikelverfassung liegt in eurem Ermessensspielraum. Pracktischerweise wird der Stoff in 2,5 Liter Plastikflaschen verkauft-es gibt auch die 5 ltr. Variante-, mit einer Flasche ist man somit bestens bedient.Es war eine gute Idee den Alk in Plastik zu verkaufen, da der Russe nach jedem Gelage dazu neigt die Flaschen zu zerdeppern, was gerade an Seen nicht so schön ist. Der Wein wird in Kartons zum Kauf angeboten, die Qualität ist mäßig, Vodka ist gut aber nicht unser Ding, obwohl uns jeder -gewollte oder ungewollte- Gast darauf anspricht.

 

Wir haben uns ein wenig in Russland und seine Menschen verliebt, die bis jetzt so gar nicht unseren Vorurteilen entsprechen-Polizei inclusive.

M 53 heißt unser Strasse, die uns seit Novosibirsk gen Osten führt. Die einzige West-Ost Verbindung-wo fängt der Westen denn wieder an, bzw. der Osten auf, wir sind 6000 km. östlich von Moskau !-, hat alles zu bieten was eine Straße bieten kann. 4-spurig und bestens ausgebaut, 2-spurig in allen erdenklichen Varianten, Waschbrett-,Erd- und Kiespiste, befestigt und unbefestigt - unglaublich. Der Tabesschnitt ist auf teilweise 150 bis 180 km. gesunken, dafür spart man Zeit beim Nutellabrötchen. Die Erdnusspampe hält es durch das Geschockel nicht mehr an der Glaswand sondern findet sich sauber auf dem Glasboden.

Während ich über Wochen versucht habe die Jahreszeiten rückwärts zu fahren, ist jetzt der sibirische Hochsommer ausbebrochen und beschert uns Tagestemperaturen um 30 Grad. Die Natur explodiert. Einerseits fängt der Löwenzahn noch immer erst jetzt an zu blühen, andererseits befinden sich sämtliche Wildstauden in einem rasanten Wettlauf gegen die allgegenwärtige Herkulesstaude. Akkelei, Lupinen, Lungenkraut, Adonisröschen, Trollblumen, Iris und und und verwandeln die riesigen Wiesen in ein Farbenmeer. Die Bauern brennen die Stoppelfelder des Vorjahrs ab und beginnen mit dem Pflügen und Eggen. Die Mischwälder haben buntes neues Laub und leuchten mit Himmel und Wasser um die Wette, alles passiert extrem komprimiert. Ich will euch ja an nichts erinnern, aber ab dem Johannisfest gehen die Tage wieder früher zu Ende, hier gibt die Natur Gas ohne Ende.

 

Rückläufig verläuft die Evolution unserer Hunde. Zu Hause begnadete Sofarutscher, Sesselpupser und Warm/Weichkörbchenlieger sind sie hier zu Kleintierjägern mutiert. Heute-10 Juni- hat Angie mit Chile gleichgezogen - es steht 6:6. Pro getöteter Maus gibt es einen Punkt, pro Ratte 3 Punkte. Die seit 5 Tagen allgegenwärtigen Erdhörnchen bewerten wir mit 5, Murmeltiere mit 10, Polarfüchse mit 20 Punkten, Elch, Wolf und Bär sind bis dato außerhalb der Wertung. Da sich Angies Jagdgebiet ca, in jeweils 1,5 km. um das Kloppomobil bezieht, können wir nicht alle "Treffer" genau nachvollziehen, der Grubsch hat aber eine über 20 cm. große Ratte mit gekonntem Genickbiss getötet - erstaunlich, da ihr bei der Zahnsteinentfernung vor der Reise 3 Reißzähne gezogen wurden. Weniger schön ist die Tatsache, das Angie die Beutetiere komplett frißt, besser ist- daß sie bis dato nicht ins Auto reihert. Ich dachte schon immer, das der freundschaftliche Umgang mit den 3 Nachbarkatzen von Carola und Stefan nicht gut ist für einen jungen Hund - der Furz springt die Beute von oben an, während der Grubsch die Ausgrabmethode bevorzugt. Egal wie, unsere Lieblinge sind zu Rudelmördern mutiert, die 2 alten Hunde, genießen die Sonne und das allabendliche Barbecue.(Hatte ich nicht bereits in der Reisevorbereitung auf die Nachbarskatzen und deren Jagdmethoden hingewiesen ??

         

Froher Dinge erreichen wir Irkutsk-mit 750.000 Einwohnern ein überschaubares Kaff in der tiefsten Sibirischen Provinz. Ich hoffe auf Filzstiefel und Kittelschürzen, Muttchen und einen religiösen Stadtrundgang an den Ufern der Angara, dem einzigen Abfluß des Baikalsees-SCHade-es ist schlimer als in Moskau.(Nur für meine gleichgeschlechtlichen Freunde-hier feiern wir meinen 60. Geburtstag) Ich lasse nur wenige Bildbeispiele folgen. Die Stadt pulsiert, es sind fast 30 Grad, die Röcke sehr kurz, die Beine sehr lang und sogar Sabine sagt "Aber Hallo",was mir zumindest freies fotografieren ermöglicht. Hier würde ich mit einem Pilger aus der Notgottesstrasse gerne mal meinen Bußeweg beenden-den Beweis liefere ich dir gerne: Christian R. aus G. .Auf einer schwimmenden Schachliki-Kneipe am Fluß lassen wir den Abend ausklingen, Hunde und Auto sind auf dem Parkplatz des Irkutsk-Hotels zentral sicher geparkt. Für 500 Rubel haben wir noch dazu eine sehr ruhige Nacht. Leider ist das Kloppomobil  mal wieder das größte Fahrzeug in der Stadt - das höchste dazu-, wir verfügen dafür aber über die geringeste Ortskentniss. Nachdem Sabine schlauerweies einen Taxifahrer für den Ritt in die Innenstadt gechartert hat, der vor uns her als Führer agiert, suchen wir den Weg aus der Stadt alleine - spannend wie immer, weil sowohl Bus als auch Tram mit Oberleitung fahren, welche auf max. 4 Meter hängt. Wir ziehen das Genick ein, aber unbehelligt der Polizei finden wir den Weg Richtung Baikalsee, dem Ziel meines-hoffentlich-frauenlosen nächsten Berichtes. Wir sind vorrübergehend nicht mehr erreichbar. Gibt es ein Leben ohne WM, Kloppo & Jauch? Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens auf Olchon verschollen, jedoch voller Optimismus, euer Team Russia.

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27. Mai

24/22 Stunden Russland !

OK, ihr wollt wissen wie unser Tag aussieht, bitte-gerne. Nach ca. 3-400 km. auf Rüttelpisten, 2 bis 3 Polizeikontrollen und einigen Verfahrungen, biegen wir von der "Hauptstrasse" ab und fahren auf eine Wiese. Diese stellt sich als Fußballplatz des Orts herraus und hat interessanter Weise nur ein Tor. Sabine läuft in selbigen und fragt, ob wir hier übernachten dürfen. Sie trifft einen Rentner der Selbiges bejaht. Prima, Grill raus, Hunde raus, kurzer Spaziergang um Löwenzahnwiese und Bach-Ruhe! Ich ärgere mich im Anschluß über VODAFONE und den russischen Anbieter, der mich zumindest ab und zu ins Netz läßt. ES sieht ziemlich blöd aus, wenn ich mit Herbert-wie ich meinen PC nenne bei, vollem Sonnenschein über die Wiese laufe um eine Verbindung zu bekommen. Texte gehen zumeist noch, Bilder sind ein Glücksspiel, das meistens bei 98% Übermittlung abbricht. Sorry für euch, insbesondere die ganzen Fußfetischisten und Heteros, ihr wisst nicht was ihr -noch-verpasst. Es kommt dann wie es kommen mußte, der Rentner den Sabine nach dem Weg fragte kommt mit 3 Goldies vorbei. Im Gepäck reichlich Bier, Tomaten, Plinies-Ppannekuchen-, Lauch, Blumen und Wurst. Nach der üblichen Hundekläfferei, setzt sich die Truppe und läßt sich von mir begrillen(Ohne Russischkentnisse bin ich immer der Depp vom Dienst), es wird ein netter Abend, mit Händen und Füßen, wir haben uns alle lieb und sind schon wieder von der Gastfreundschaft überwältigt. Nachdem ich erwähne, daß wir n laufendes Wasser eues Trinkwasser für unsere Tanks bräuchten verspricht man uns Hilfe für den nächsten Morgen um 7 Uhr. Leider haben wir verpeilt, das wir mittlerweile 2 weitere Zeitzohnen überfahren haben und mittlerweile 4 Std. vor MEZ sind. Das Wecken fällt somit etwas überraschend aus, zumal es im Nordosten von Russland erst um 23 Uhr dunkel, dafür aber schon morgens um 3 hell wird. Kein Schlafproblem für uns, die gut erholten Hunde im Fahrerhaus sehen dies aber anders. Wir rumpeln über Schotterpisten mit den neuen Rentnerfreunden durch die Taiga und landen bei einem winkenden Verwandten. Der steigt sogleich in einen Schacht, wirft eine Pumpe an und fördert uns bestes Trinkwasser. Wir hatten nicht mal bemerkt, das fast 5000 km. fern der Heimat laufendes Wasser nicht mehr existent ist. Auf dem Land gibt es nur noch eine Trinkwasserstelle im Ort. Unglaublich, nach knapp 3 Wochen sind wir JWD.Kostja gibt uns einen Tip, wir sollten unbedingt dahin fahren. Uliza Sibirscaja in Perm. Kein Problem, die Stadt hat nur 1,2 Millionen Einwohner auf 800-Achthundert-Quadratkilometern. Natürlich ist die Einfahrt bfür LKW`s verboten. Dies mit der allgegenwärtigen Polizei zu diskutieren ist so sinnlos wie eine Spendennachfrage für die 05-Jugend in Bonames beim Eintrachtfanclub Adlerfront-im Mainzer Trikot-, nachdem wir in der Kommerzbankarena 0:3 gewonnen haben.

Wir haben Glück, finden eine Tanke am Ring nebst freundlichem Muslim, der uns ein Taxi ruft. Für weniger als 3,5 Euronen geht es eine halbe Stunde in die Stadt. Ich öffne die Tür, der längliche Raum ist in blau- weiß gehalten und beleuchtet am Ende steht ein großes Aquarium. Seitliche Sitzgruppen mit Beistelltischen sind ausnahmslos von Frauen besetzt. Diese tragen nabelfreie Tops, Arschgeweihe, lackierte Vampirfingernägel, Netzstrümpfe und natürlich die Mörderpumps wie die Damen der Ich AG`s an der Landstrasse. Eine fällt aus dem Rahmen, sie ist tonnenförmig, hat eine Brille aus Gurkengläsern und einen gepflegten Damenbart-die Puffmutter wie ich annehme. Danke Kostja, die KFZ-Haftpflichtstelle für die Zusatzversicherung gefällt mir ausgesprochen gut, Gurkenglas war die Abteilungsleiterin. Nach einer guten Stunde haben wir das Begehrte Dokument und rufen den Taxifahrer an der uns schon in die Stadt brachte. Das ist die Stunde von Balandina Maria, "meiner" Sachbearbeiterin. Sie hätte vergessen Kopien aller Dokumente zu machen, ich solle doch noch mal mitkommen, während Sabine auf`s Taxi wartet. Cleveres Ding, was sie nicht alles versucht um an meine Handynummer zu kommen. Hüftwackelnd tippelt sie vor mir zurück ins Büro. Senfgurkenglas grunzt zufrieden während sie unseren Flyer 2 cm. vor ihrer Nase studiert. Balandina schreibt mir ihre Nummer auf ihre Karte und strahlt mich erwartungsfroh an, aber Natacha aus Moskau ist mir noch in Erinnerung.

Nix gibts, sie kann mir ja mailen. Abrupt wendet sie sich ab, wackelt mit ihrer Dominahochsteckfrisur zum Kopierer und Verabschiedet sich freundlichst. Was ein Land, was für Frauen. Der Taxifahrer hat nach wie vor ein akzeptabeles Aftershafe und Blähungen. In der Summe suboptimal für mich auf der Rückbank, zumal mir einiger Schlaf fehlt. Er fühlt sich zudem ob des Trinkgeldes zum Stadtführer berufen, bringt uns mit den besten Reisewünschen zum Auto und schenkt mir ein Heiligenbild. Was ein Land, was für Männer, die übrigens oft wie M.Thurk aussehen, nachdem er sich im Knie seines Gegenspielers Festgebissen hat-oder ähnlich. Back on the road ist die nächste Polizeikontrolle nur eine Frage der Zeit. Sabine spult ihr Programm ab - wir werden nach Fanartikeln gefragt. Tumultartige Zustände und Jubelschreie der 5 Beamten sind die Folge, Gemeinschaftsfoto und Verabschiedung mit Schulterschlag. Was ein Land .... Wir steuer die Höhlen von Kungur an, parken und warten nicht lange bis die Dorfjugend interessiert erscheint. Die 18-20jährigen erhalten eine Lektion Englisch und Erdkunde, ein Bierchen und 05-Tshirts. Nach ihrem Musikgeschmack befragt schallt es wie aus einer Kehle: RAMMSTEIN. OK, kein Problem, Stefan mein Nachbar hat mir eine mitgegeben, das Kloppomobil wird zur Disco. Sabine hält alle bei Bier und Vodkalaune, ich schreibe diesen Bericht und töte die Moskitos im Auto, es wird wieder später. EIN TAG in Russland. Freut euch auf morgen!

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23. Mai

MOSKAU erkunden wir mit Alexei an zwei langen Tagen mit dem Vorstadtzug, der Metro, Auto und vor allem zu Fuß. Alina engagieren wir als Hundesitterin - ich hätte mir auch mit ihr die Stadt angesehen. Besonders beeindruckend sind einige U-Bahnstationen, die Theatern gleichen und von Stalin mit Marmor, Stuck, Kronleuchtern und Büsten ausgestattet wurden. Moskau gilt als teuerste Stadt der Welt, Wohnungen sind sehr teuer, es boomt an allen Ecken. Der Verkehr ist gnadenlos, es ist immer Dauerstau. Außer dem Pflichtprogramm mit Kremel und Basilikuskathedrale beeindruckt mich vor allem die Christi Erlöser Kirche. Weder als bibelfest noch als regelmäßiger Kirchgänger bekannt sind wir vom Innenraum überwältigt. St. Martin, dem Schutzpatron der Reisenden, spenden wir - und uns - eine Kerze für einen weiteren guten Reiseverlauf, Alexei erweist sich als hervorragender Guide. Die Russen sind sowohl im Restaurieren von Altertümern, als auch von Frauen wirklich Spitze. Die Stadt ist modern, mondän und modebewußt.

 

Die Schuhmode ist noch ausgefallener als in Riga, unglaublich wie die Schicksen mit den Mörderstilettos über den Roten Platz staksen können. Ein Elldorado für Orthopäden! Leider mindert eine Touristin aus Frankfurt, die sich durch ein Feindtracht-Triko outet den Gesammteindruck ein wenig, auffällig ist ihre Mode hier allemal. Ich lerne Natacha kennen, sie ist Unterwäsche- und Schuhmodel, stelle aber bald fest, dass sie auch nur das "Eine" von mir will: 05er Fanartikel. Ich beende die kurze Liäson und begebe mich mit meiner Sippe wieder auf Feindgebiet, den Moskauer Ring-M-Kat. ES gibt nur zwei Verkehrsregeln in Russland: Erstens: ES gibt keine Regel, Zweitens: Die Polizei hat immer Recht. Hält man sich daran, kann man im Strom mitfahren, z. B. auf den Goldenen Ring, wo es von Zwiebelkirchen und Ikonen nur so wimmelt. Natur statt Kultur ist aber jetzt die Devise. In Vladimir treffen wir Wladimir, der mit 7 Kollegen ein Einkaufszentrum bewacht. Wir übergeben unseren Flyer - Die beste Idee der Reise, selbst bei den täglichen Polizeikontrollen ist das alles andere Nebensache - und werden mit Geschenken überhäuft. Vom Heiligenbild über Quellwasser, Wurst, Eier, Pflanzen und einem Aufnäher der paramilitärischen Gruppe ist alles dabei. Zu guter Letzt landen wir bei Mutters Kartoffelsalat und Würstchen auf ihrer Wache und verbringen eine wohlbehütete Nacht. Natürlich haben wir uns zuvor mit Artikeln der Fa. WEBER-GRILL und Mainzer Fanartikeln revanchiert. Danke, war nett mit euch!

Jetzt geht es auf strammen Ostkurs, nach 4500 km. sind wir nach Längengraden am heutigen 23. Mai bereits hinter Teheran und fahren jeden Tag aufs Neue in den Frühling.

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16. Mai

Mit Tempo 70 überfahren wir die Grenze von Lettland nach Estland, 6,5 Stunden benötigen wir für die russische. Nach 4 Stunden Wartezeit in der LKW-Schlange geht Sabine mit unserer Karte - siehe Reisevorbereitung - nochmals zur estnischen Zöllnerin, prompt springt unsere Ampel auf grün und wir werden in 2 Minuten abgefertigt. Teilweise 8 russische Grenzer nehmen sich nun unserer an, wir sind nach Verteilung der Karten die Attraktion schlechthin. Alle sind extrem freundlich und helfen beim ausfüllen der Formulare nach bestem Wissen. Stets gibt der nächste Vorgesetzte neue Tips was wie auszufüllen wäre, so dass wir mit der dritten Variante zum Schlagbaum gehen. 6 Personen sind gleichzeitig mit der Innenraumdurchsuchung beschäftigt, 2 weitere warten auf der Treppe und die Veterenärbeamtin stolziert auf 12 cm. Absätzen noch dazu obwohl ich mit den Hunden vor dem Auto warte. Nach Befriedigung der allgemeinen Neugier und nochmaliger Nachfrage nach Uran oder sonstigem atomarem Material werden wir mit einem Wust von Zetteln und Stempeln eingelassen, steuern die erste Tanke mit bewachtem Parkplatz an und testen das russische 8,5 % ige Bier. Das muß gut sein da wir am nächsten Tag trotz dröhnender LKW bis viertel vor neun schlafen. Auf unterschiedlichsten Strassenbelägen rumpeln wir durch abwechslungsreiche Landschaften gen Moskau. Die Hunde sind völlig entspannt, da sie sich an der Grenze durchaus kontraproduktiv verhalten haben und die harten Wachhunde markiert haben, was sich in Dauerkläfferei mit zähnefletschen und Drohgebärden äußerete.

12 Millionen Einwohner hat Moskau, das sind ca. 60 mal soviele wie Mainz. Ist der Mainzer Ring aktuell 4-spurig so kann man sich in etwa vorstellen was auf dem 12-spurigen Moskauer los ist, zumal wenn sich die Spur wegen einer Baustelle auf zwei verschmälert. Regeln gibt es nicht, als Ausländer hat man genauso wenig Bonus wie die lokalen Krankenwagen. Die Bullerei versucht Motorradfahrer zu verfolgen, Autos bleiben mittig liegen, es kracht im Minutentakt um uns herum. Zu allem Glück verpassen wir eine Abfahrt und passieren in Millimeterarbeit einen langen Tunnel in die City, die natürlich für Kloppomobile gesperrt ist. Schwarz-Weiß sind die Polizeiknüppel die uns unmissverständlich einen anderen Weg weisen. Ach ja unser Nüvi hat sich 20 km hinter der russischen Grenze verabschiedet. Irgendwie erreichen wir den Campground der an den doppelt gesicherten Moskauer Yachthafen angeschlossen ist. Sonntag können wir bestaunen wie Oleg Ar(s)ch mit seiner Tochter und deren Freundinnen - alle blond, wohlpropotioniert und natürlich mit halsbrecherischen Absätzen - Boot fährt. Diese sind dreigeschossig, über 30m lang und werden von grimmigen Kerlen bewacht. Man(n) fährt Maybach, Ferrari und deutsche 12-Zylinder, Segelschuhe und Bermudas mit Wohlstandsbauch. Die restlichen Russen die mit uns das Wochenende auf dem Platz sind sehen ähnlich aus, bevorzugen aber Military-look, Bier und Vodka. Wir sind die ersten deutschen Camper und werden entsprechend hoffiert. Oleg´s Tochter und Freundinnen besuchen uns als einzige leider nicht.

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12. Mai

Freunde sind eingezogen, Haus, Hof und die zurückgebliebenen Tiere bestens versorgt. "Time to say good bye", nicht nur für Dimo und Rosi. Nachdem fast die halbe Strasse winkend Spalier stand, fällt uns der Abschied von so vielen unserer Freunde vor dem Stadion nicht leichter als die der vorgenannten Fußballgötter. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum - so abgedroschen der Spruch ist, so emotional aufgewühlt beginnen wir unser neues Leben mit 10 Minuten Verspätung, da immer mehr Freunde sich verabschieden, was die Rhein-Zeitung dokumentieret. Lebensabschnittsplanung mit abreißen aller beruflichen Brücken als Punktlandung, der "Point of no return" ist am 8. Mai um 19.15 erreicht.

44 Stunden später sitze ich auf dem Rücksitz einer polnischen Blaulichtkutsche, eine Bank auf die ich nie wollte. Nach einem Hundespaziergang fahre ich verbotenerweise links ab und vergesse das Abblendlicht bei hellstem Sonnenschein anzuschalten. Ich komme nicht mal bis in den dritten Gang, schon erblicke ich eine Polizeikelle. Freundlich werde ich auf die Vergehen hingewiesen und nach Sinn und Zweck der Reise befragt. Meine Sonnenstunde schlägt als ich eine unserer Reisekarten- siehe Reisevorbereitungen - zücke und beiläufig erwähne, dass Eugen Polanski bei uns spielt. Der Bußgeldkatalog wird bei Seite gelegt und nach kurzem small talk werde ich ungestraft mit den besten Reisewünschen verabschiedet. Auch ansonsten gefällt uns das Transitland Polen gut. Supergute Autobahn gegen geringe Maut mit sauberen Toiletten und moderaten Preisen. ( Land )-Strassenprostituierte geizen nicht mit ihren Reizen und setzen farbliche Kontraste zu blühenden Landschaften mit Obstplantagen, Löwenzahn und Rapsfeldern. Harmonisch fügen sich grellbunte Bordellwerbungen mit bunten Holz - und Steinkirchen, der Fahrstil ist trotz stetiger Radarfallen erlebnisorientiert. Gefördert durch tiefste Spurrillen schaukeln wir über transpolnische Hauptverbindungsstrassen, stets in Sichtkontakt mit den Lenkern entgegenkommender Trucks mit Polskaschal auf dem Amaturenbrett und -lav, oder zek- Namenschild im Fahrerhaus. Mehr lässt sich nicht entziffern bevor die nächste Rille das Auto auf Gegenkurs reißt. Nach dem liebenswert chaotischem Polen, in dem wir zum Glück keinem gebürtigem Triatlethem - Zu Fuß ins Schwimmbad, mit dem Fahrrad nach Hause - begegnen, geht es auf ausgezeichneten Strassen durch ein fast steril erscheinendes Litauen, es wirkt fast wie die Schweiz, nach Lettland. Riga ist die ideale Stadt für Schuhfetischisten und Highheel Fanatiker und gibt sich auch sonst sehr modebewusst. Altstadt, Cafes und Kneipen gefallen uns sehr gut, hier wären wir gerne länger geblieben, aber Russland ruft.

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